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N.
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, den 20. März, 2002 - 18:23: |
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Hallo Leute, Wie kann ich folgende Beziehungen bei der Gammafunktion beweisen? 1) Gamma(x)*Gamma(x-1)=p/sin(p*x) 2) Gamma(x)*Gamma(-x)=-p/x*sin(p*x) 3) Gamma(0.5+x)*Gamma(0.5-x)=p/cos(p*x) 4) Gamma(x)*Gamma(0.5+x)=(Gamma(2x)*sqrt(p))/(22x-1) 5) Gamma(x)*Gamma(1-x)=p/sin(p*x) Vielen Dank im Voraus! Gruß N.
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H.R.Moser,megamath
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, den 21. März, 2002 - 07:24: |
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Hi N, Dein Interesse für die Gammafunktion ist erfreulich; so weit wie möglich möchte ich Dir bei der Kontaktnahme mit dieser Sparte der Analysis behilflich sein. Ein paar Vorbemerkungen sind unerlässlich. 1. Zu Deinen Formeln. Die Bezeichnungen sollten geändert werden. Da x vorrangig als Integrationsvariable gewisser Integrale auftritt, setze ich p statt x. Werte der Gammafunktion sind mit G(p) statt mit Gamma(p) bezeichnet. Die Formel 1) ist fragwürdig. Die richtige Version erscheint unter Punkt 5). 2. Vorläufig leite ich die Formel 4) her. Die andern sollen allenfalls später berücksichtigt werden. Da es sich bei meinem Betrag sicher nicht um eine Vorlesung über die Gammafunktion handeln kann, und das Rad nicht neu erfunden werden soll, setze ich zwei wichtige Beziehungen als bekannt voraus (in Klammern steht der ungefähre Platzbedarf eines Beweises in Druckseiten) a) Das so genannte Eulersche Integral erster Gattung , die Betafunktion B(p,q), ist das Integral B(p,q) = int [x^(p-1) * (1-x)^(q-1) * dx ] , (p>0,q>0) untere Grenze 0 , obere Grenze 1. Mit Hilfe der Gammafunktion G(p) ( Eulersches Integral zweiter Gattung) G(p) = int [e ^ (-x) * x^(p-1) * dx ] ,(p>0) , untere Grenze 0 ,obere Grenze unendlich, kann B(p,q) auch so geschrieben werden: B(p,q) = [G(p) * G(q) ] / [G( p + q ) ] .......................................................................(a) °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° (1 ½ Seiten) b) S = int [x^(p-1) / (1+x) * dx ] = Pi / sin(p*Pi)……………………………………….(b) 0<p<1, untere Grenz des Integrals 0, obere Grenze unendlich. (6 Seiten) 3. Einfachere,wohlbekannte Beziehung c) G( ½ ) = wurzel(Pi)..................................................................................................(c) I. Herleitung Deiner (anspruchsvollen) Formel 4) °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Wir setzen in der Formel a) p = q ein: B(p,p) = G(p)*G(p) / [G(2p)] = int [ (x – x^2)^(p-1)*dx] Grenzen 0 bis 1. Kleine Umformung B(p,p) = 1/{2^(2p-1)}* int [ {1- (1- 2x)^2}^ (p-1) * dx ] Nun substituieren wir folgendermassen: Das Integral wird bezüglich der Grenzen als eine Summe zweier Integrale dargestellt Erstes Integral: untere Grenze 0 , obere Grenze ½ Zweites Integral: untere Grenze ½, , obere Grenze 1 Für x zwischen 0 und ½ (erstes Teilintegral) sei 1-2x = wurzel(u), also –2 dx = du / (2*wurzel(u)) Für x zwischen ½ und 1 (zweites Teilintegral) sei 1-2x = - wurzel(u), also –2 dx = - du / (2*wurzel(u)) Im ersten Fall ist nämlich 1 – 2x positiv, im zweiten Fall gilt 1 – 2x < 0 ;daher erhält wurzel(u) entgegengesetzte Vorzeichen. Wir erhalten für B(p,p) die folgende Summe: B(p,p) = 1/{2^(2p-1)}* int [ { 1- (1- 2x)^2}^ (p-1) * dx ] + 1/{2^(2p-1)}* int [ { 1- (1- 2x)^2}^ (p-1) * dx ] Beim ersten Integral: untere Grenze 0, obere ½ , beim zweiten Integral: untere Grenze ½ ,obere 1 In der neuen Integrationsvariablen u: = - 1 / 2^(2p) int [(1-u)^(p-1)/wurzel(u) * du ] + 1 / 2^(2p) int [(1-u)^(p-1)/wurzel(u) * du ] Achtung : beim ersten Integral ist die untere Grenze 1, die obere Grenze 0 , beim zweiten Integral ist der Sachverhalt gerade umgekehrt : untere Grenze 0, obere 1. Für B(p,p) erhalten wir ein einziges Integral mit unterer Grenze 0, oberer Grenze 1 ,nämlich: B(p,p) = 1/2^(2p-1) * int [u^(- ½) (1-u)^(p-1) * du ] mithin : B(p,p) = 1/2^(2p-1) * B ( ½ , p) oder G(p)*G(p) / G(2p) = 1/2^(2p-1) * G( ½ ) G(p) /G(p+ ½ ) G(p) hebt sich weg ! G( ½ ) wird nach c) durch wurzel(Pi) ersetzt. Formel 4) ist damit hergeleitet ! G(p)*G(p + ½ ) = wurzel(Pi)/ 2^(2p-1) * G(2p). So weit, so gut ! Mit freundlichen Grüßen H.R.Moser,megamath. |
H.R.Moser,megamath
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, den 21. März, 2002 - 09:07: |
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Hi N, Gehe ich richtig in der Annahme, dass Dein Name „Niels“ ist, und dass ich Dich aus früheren (bezüglich dieses Boards wesentlich besseren) Zeiten her kenne ? Nun zur Sache : II. Herleitung Deiner (ebenfalls gewichtigen) Formel 5) °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Wir schreiben das Integral für B(p,q) [siehe auch Formel (a)] B(p,q) = int [x^(p-1) * (1-x)^(q-1) * dx ] , (p>0,q>0) untere Grenze 0 , obere Grenze 1 um, indem wir die folgende Substitution ausführen: x = s / (1+s), also 1 – x = s / (1-s) , s = x / (1-x ) dx = ds / (1 + s) ^ 2 Aus der obigen Beziehung wird nach kurzer Rechnung B(p,q) = int [s ^ (p – 1 ) /{ (1+s)^(p+q) } * ds ]………………………(d) Untere Grenze des Integrals 0 , obere Grenze unendlich. Nun ersetzen wir q durch 1 – p und bekommen wegen G(1) =1 zunächst: B(p,1-p) = G(p)*G(1-p)/G(1) = G(p)*G(1-p) ; weiter nach (d) B(p,1-p) = int [s ^ (p – 1 ) / (1+s) } * ds ],somit G(p)*G(1-p) = int [s ^ (p – 1 ) / (1+s) } * ds…………………………(e) Jetzt benötigen wir b) ; wir formulieren das Lemma b) neu, es lautet so: b) S = int [x^(p-1) / (1+x) * dx ] = Pi / sin(p*Pi)……………………… (b) 0<p<1, untere Grenze des Integrals 0, obere Grenze unendlich. ( Ein Beweis benötigt ca.6 Druckseiten ) Formel 5) ist damit hergeleitet ! G(p)*G(1-p) = Pi/ sin(p*Pi) °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Mit freundlichen Grüssen H.R.Moser,megamath
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Niels
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, den 21. März, 2002 - 16:26: |
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Hallo Hans Rudolf, falls ich dich so nennen darf?- <gehe> Ja! Ich möchte nur an das regelmäßige 5-Eck erinnern, in diesem Zusammenhang lehrtest du mir den "Satz des Eudoxus". Weitere Beispiele sind Sereometrie(In diesem Fall haben wir uns mit den Volumen und Oberflächenformeln von den Ikossaedern und Dodekaedern beschäftigt) Und natürlich sind wir beim Tema "Gleichungen"(Speziell Gleichungen 3. und 4. Grades-mein Spezialgebiet) aufeinandergetroffen. Was ich von der Bemerkung "bezüglich dieses Boards wesentlich besseren Zeiten" halten solle ist mir aber schleierhaft. Nichtdestowenigerumsotrotz vielen Dank für deine Hilfen bei der Gammafunktion. Mich würden die ausführlichen Herleitungen der Beziehungen sehr interessieren. Ich hätte auch zu einigen dieser Beziehungen, die als "Eulersche Ergänzungssätze" eingegangen sind, eine Beweisidee gehabt Man bilde die Kehrwerte Der beiden Gleichungsseiten und multipliziere die Gammafunktionen so aus, das auf der anderen Seite die Reihenentwicklung von Sin(pi*x)/pi steht. Weiter würde mich interessieren, welche Bedeutung die Betafunktion hat.(Die Gammafunktion hat ja was mit Fakultäten zu tun) vielleicht kannst du mir ja infos per Mail schicken. Gruß N.
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H.R.Moser,megamath
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, den 21. März, 2002 - 21:04: |
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Hi Niels, 1) Es freut mich ausserordentlich, in Dir einem früheren Bekannten aus Zahlreich begegnet zu sein ! Diese früheren Zeiten waren nach meiner Ansicht deshalb bessere Zeiten, weil vor der grossen Umstellung im Board die Orientierung wesentlich besser erreichbar war. Man fand seine eigenen Arbeiten und diejenigen der Kollegen im Archiv auf Anhieb, konnte mit Leichtigkeit mit ihnen und den Studierenden persönlichen Kontakt aufnehmen. Die Arbeiten wurden numerisch erfasst (die Anzahl der Beiträge einiger eifriger Mitarbeiter belief sich teilweise auf über 1200, Zahlen die auch gebührend beachtet wurden). Das scheint mit der grossen und nach meiner Ansicht unglücklichen Umstellung verloren gegangen zu sein. Jedenfalls werden die so genannten unregelmässigen Gäste diskriminiert, indem ihre Beiträge nach 24 Stunden vollständig aus Abschied und Traktanden fallen und zwar auf Nimmerwiedersehen. Wenn dies nicht – wie versprochen - geändert wird , könnte es sehr wohl passieren, dass weitere Mitarbeiter, insbesondere die regelmässigen unregelmässigen Gäste, sich endgültig aus dem Board verabschieden, gewiss zum Leidwesen der Studierenden. Ansätze in dieser Richtung gibt es leider bereits ! 2. Zur Sache: Die Rolle der Betafunktion in Analogie zur Rolle der Gammafunktion. Letztere ist, wie Du richtig bemerkst, mit dem Begriff der Fakultät verknüpft. Die Betafunktion hingegen kann als eine Verallgemeinerung der Binomialkoeffizienten aufgefasst werden. Bezeichnet man den bekannten Binomialkoeffizienten n tief k mit b(n,k) = n! / {k!(n-k)!},so gilt in der Sprache der Betafunktion B(n-k+1,k+1) =[b(n,k)]^(-1) / (n+1) °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° 3. Die Hauptformel aus der Theorie der Betafunktion ist die von Euler stammende Identität B(p,q) = Gamma(p)*Gamma(q) / Gamma(p+q) wobei B(p,q) = int [x^(p-1) * (1-x)^(q-1) * dx ] , (p>0,q>0) untere Grenze 0 , obere Grenze 1. Wir haben diese Relation bereits mehrfach benützt. Die Formel stellt ein Bindeglied her zwischen den Eulerschen Integralen erster und zweiter Art. Wenn ich Zeit finde, werde ich einen Beweis dieser Identität vorführen. 4) Ohne Beweis sei ein interessanter Satz über das Integral von ln {Gamma x } in den Grenzen 0 bis 1 erwähnt: int [ln{Gamma(x)}*dx ] = ln {wurzel(2*Pi)} °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Der Satz stammt von Raabe (1843). 5) Euler betrachtete die Beta- und Gammafunktion ausschliesslich im Reellen. Erst Gauss liess(1811) auch komplexe Argumente zu. Die Funktionen erscheinen heutzutage in der Funktionentheorie als Beispiele holomorpher Funktionen der komplexen Variablen z. 6) Deine Idee, wie die trigonometrischen Funktionen ins Spiel zu bringen sind, hat etwas für sich ! Verfolge sie ernsthaft weiter. So viel (oder wenig) für heute ! H.R.Moser,megamath
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